Ein Projekt von Wolfgang Thomas & Micky Pega

The Quartermasters

Mit geliehener Anlage zum ersten Erfolg


Die Quartermasters traten am Jungen-Gymnasium praktisch die Nachfolge der Oranien Street Sounders als "Schulband" an: Peter Jansen (Klavier), Reiner Lutter (Solo-Gitarre) und Dietmar Müller (Schlagzeug, Gesang) besuchten die Penne an der Ecke Spandauer Straße / Oranienstraße, dazu kam Karl-Heinz Stöcker.

Der war damals Lehrling als Radio-und Fernsehtechniker und erinnert sich: "Als Verstärker musste ein von mir umgebautes altes Radio herhalten - die Klangregelung war entfernt worden, damit das Ding mehr ,Dampf´ hatte. An dieses Gerät wurde die große Lautsprecherbox der SMV angeschlossen. Ein Mikrofon hatten wir auch: Es stammte von einem Tonbandgerät aus dem Jahr 1952.

Das Repertoire orientierte sich zu Beginn stark an dem der Oranien Street Sounders, dazu kamen Klavierstücke im Stil von Floyd Cramer wie "Last date", aber auch Gesangsstücke zum Beispiel von Elvis Presley und Roy Orbison. Stöcker: "Pretty Woman´ war einer der Hits, die wir damals eingeübt haben."

Ihren ersten öffentlichen Auftritt hatten die Quartermasters (der Name stammt von dem Shadows-Lied "Quartermaster Store") bei einem Schülerfest im Foyer des Jungen-Gymnasiums. Und bald darauf durften die Neulinge zum ersten Mal im kleinen Saal der Siegerlandhalle beim "Tanz für die Jugend" spielen - "mit geliehener Verstärkeranlage und tollem Erfolg," wie Karl-Heinz Stöcker heute noch weiß. Mit Erfolg auch deshalb, weil sich im Publikum Mitglieder der "Oraniens" befanden - und von den Quartermasters so angetan waren, dass sie künftig die Hummerich-Truppe vertreten durften, wenn diese an einem Tag zwei Engagements hätten spielen können.

Das war durchaus eine lukrative Angelegenheit: "Unser Stundenlohn lag immerhin bei 7,50 Mark pro Mann - mein Lehrlingslohn betrug ganze 40 Mark im Monat." Alles Geld, das das Quartett verdiente, wurde nun in Instrumente und Ausrüstung gesteckt: "Wir spielten Höfner-Gitarren, und der erste Verstärker war ein Dynacord Bassking mit unglaublichen 40 Watt Leistung für 498 Mark. Dazu kam ein AKG Studiomikrofon D 12 für 298 Mark." Als Echogerät diente ein umgebautes Tonbandgerät, dessen Bandgeschwindigkeit von 9,5 Zentimeter pro Sekunde auf etwa 30 cm/sec erhöht worden war.

Im "Flecken" kein ungeteilter Beifall


Bald spielte die Band - am Schlagzeug saß nun Wolfgang Krause - in Sälen und Hallen im gesamten Siegerland. Von einem dieser Auftritte ist ein Tondokument erhalten geblieben - aufgenommen mit einem alten Tonbandgerät der Firma BASF, heute von Karl-Heinz Stöcker natürlich längst auf CD gebrannt: "Guten Abend, verehrte Gäste," wandte er sich an die Jugendlichen in der Otto-Flick-Halle: "es begrüßen Sie die Quartermasters aus Siegen."

Wie gut die Gruppe - etwa in Freudenberg - ankam, zeigt ein Zeitungsausschnitt, den Stöcker ebenfalls sorgsam aufgehoben hat. Unter der Überschrift: "Jugendtanz in der Turnhalle - Experiment trefflich geglückt" heißt es dort unter anderem: "Dabei waren die Veranstalter, denen neben dem Amtsjugendpflegeausschuss auch die Vorstandsmitglieder der Freilichtbühne und der Turner angehörten, recht skeptisch an die Vorbereitung des Tanzabends herangegangen. Gerade die Volksbelustigung aller Art, sei es das Tanzen oder der Gang ins Kino, findet im, Flecken´ keineswegs ungeteilten Beifall. Die Jugend denkt darüber offenbar anders, denn immerhin waren zum Tanzabend rund 140 tanzfreudige Jugendliche erschienen, die sich nach einigen ,Anlaufschwierigkeiten´ dann auch fröhlich auf dem Parkett drehten. Hatten sich anfangs Männlein und Weiblein an getrennten Tischen niedergelassen, sorgte die Musik bald für eine rechte Verständigung, die bis zum Schluss gegen 22.30 Uhr fast eine Massenpsychose - in gutem Sinne, versteht sich - hervorrief . . . Der Flecken ist mit diesem Tanz für die Jugend um eine echte Attraktion reicher geworden. Aber ist es nicht besser, die Jugend tobt sich bei Cola und Fruchtsaft aus, statt mit alkoholischem Mut Krawall zu schlagen?"

Gitarrist Lutter saß in der Trommel


Ein alter Borgward Isabella, für 230 Mark gekauft - das war das Bandauto der Quartermasters.

Karl-Heinz Stöcker: "Die hintere Bank haben wir ausgebaut, und da kamen Instrumente und Anlage rein. Reiner Lutter, der kleinste von uns, passte zusammengekauert in die große Trommel - so sind wir zu unseren Auftritten gefahren." Auf der Fahrt zu einem Konzert nach Freudenberg waren sogar fünf Mann an Bord - und als die Musiker Passanten nach dem Weg zur Turnhalle gefragt hatten, bekamen sie von innen die Autotür nicht mehr zu: "Die Leute haben sie dann von außen zugedrückt."

Probleme bereitete hin und wieder der Probenraum, "zumal der Lichtbildraum des Gymnasiums von immer mehr Gruppen genutzt wurde" - und: "Die Bewohner des angrenzenden Gebäudes waren nicht gerade begeistert, besonders im Sommer bei geöffnetem Fenster. Mit etwas Glück konnten wir dann im Jugendheim am Oberen Schloss proben."

Das stärkste Jahr der Quartermasters war nach Stöckers Erinnerungen 1965: "Wir hatten mehr Auftritte als unseren Eltern recht war." Gelegentlich hatten die Vier heimliche Auftritte in "Spelunken" wie dem "Moulin Rouge": "Originalton meines Vaters: ,Unterstehe Dich, da reinzugehen!´ Wenn der Gute gewusst hätte, dass sein Sohn da manchmal spielte." Gerne denkt er auch an die Profibands zurück, die im Moulin Rouge und auch im "Romantica" in Weidenau auftraten: "Ab und zu durften wir da mitspielen - das war ein spitzenmäßiges Gefühl für uns."

Mit Ablauf des Jahres 1965 lösten sich die Quartermasters auf: Stöcker musste zur Bundeswehr, seine Musikerkollegen zog studienbedingt in andere Städte. Stöcker spielte ab 1968 - wie bereits berichtet - bei den "Sweet Sound Four", heute greift er gerne zur Fender und spielt mit Freunden die Hits von einst: "Es macht noch immer Spaß."