Ein Projekt von Wolfgang Thomas & Micky Pega

The Selection

Auftritte mit Gerd Böttcher und Billy Mo


The Selection war praktisch die "Schul-Beatband" des Staatlichen Gymnasiums Betzdorf/Sieg (später: Freiherr- vom- Stein- Gymnasium). Reinhard Kitz (Herdorf), Christoph Fritzsche (Freusburg) und Klaus Hassel (Rosenheim) besuchten diese Schule, Dieter Löhr (Herdorf) war die Ausnahme, war aber von klein auf mit Reinhard Kitz befreundet.

Als Kitz mit Fritzsche 1966 eine Band gründen wollte, fiel die Wahl bei der Schlagzeuger-Suche rasch auf den Herdorfer Nachbarn. Löhr: "Ich war Mitglied im Herdorfer Musikverein. Und ich hatte Reinhard schon immer beneidet, weil der ,Eight days a week´ spielte, während ich immer noch bei ,Orpheus in der Unterwelt´ war." Als er hörte, dass eine Bandgründung bevorstand, fragte er: "Wenn ich ein Schlagzeug habe, darf ich dann mitmachen?" Löhr war willkommen und nannte bald ein hässlich-schönes, rotes Kaufhaus-Instrument sein eigen.

Ganz legal war die Art und Weise, wie er an dieses Schlagzeug kam, übrigens nicht: "Ich habe es bei Quelle bestellt - und dafür die Unterschrift meines Vaters gefälscht. Geliefert wurde das Teil an die Adresse von Reinhard Kitz."

Dann ging es in den Probenraum: Beatles-Lieder, "When I come home" von der Spencer Davies Group, "Early Bird" von André Brasseur und "Yakety Sax" gehörten zum Repertoire. Als die ersten öffentlichen Konzerte gelaufen waren, kam es zum Besetzungswechsel - Organist Klaus Hassel erhielt von seinen Eltern "Auftrittsverbot": Sie sorgten sich um die schulischen Leistungen des Sohnes. Christoph Fritzsche spielte nun die zweite Gitarre, Manfred Kuhlen (Betzdorf-Bruche) übernahm den Bass. In dieser Besetzung spielten The Selection - Dieter Löhr griff mittlerweile auch zum Saxofon - eine Vielzahl von Konzerten in der Gegend rund um Betzdorf.

Beatbazillus kam von Reinhard Kitz


Zur Selection-Historie gehören auch gemeinsame Auftritte mit Schlagerstars wie Gerd Böttcher (am 7. Mai 1969) und Billy Mo (am 22. April 1969) in der Kirchener Diskothek "Le Chateau Noir". Reinhard Kitz: "Die haben uns vorab Kassetten mit ihren Liedern geschickt. Wir haben die Noten rausgeschrieben, geprobt und gespielt." Kitz erinnert sich an selbst organisierte Auftritte im Herdorfer Knappensaal, an Tanzveranstaltungen in der Sigambria (Kirchen) und im Saal Leidig (Bruche): "Es war immer proppenvoll."

Christoph Fritzsche lebt nach einem Theologiestudium seit vielen Jahren in Norddeutschland, ist kürzlich nach Schleswig gezogen und steht an verantwortlicher Stelle in der Betreuung psychisch Kranker. Ganz klar, sagt er: Mit dem Beatbazillus infiziert worden sei er durch seinen Klassenkameraden Reinhard Kitz: "Er hat mich irgendwann 1964 oder 1965 auf den Piratensender ,Radio Caroline´ aufmerksam gemacht, und von da an war ich immer auf dem Laufenden, was neue Platten anging." Die Eltern - Fritzsches Vater war viele Jahre lang Pfarrer in Freusburg und ist bis heute aktiver Heimatforscher - tolerierten das Hobby: "Hauptsache, man störte den Vater nicht beim Predigtschreiben." Nach dem Abitur war für den Mitgründer von "Selection" erst mal Schluss mit Beat und Rock. Noch im Sommer 1969 absolvierte er einen Hebräisch-Kurs in Wuppertal, dann galt die ganze Konzentration dem Theologie-Studium: "Vier, fünf Jahre lang habe ich musikalisch gar nichts mehr gemacht." Erst als er an die Ostsee ging, holte er seine akustische Gitarre hervor, setzte sich auch schon mal ans Klavier, ohne einen Gedanken an eine Band zu verschwenden. Mittlerweile macht er wieder hobbymäßig Musik mit Gleichgesinnten: "Folkrock, immer noch den alten Kram, aber viele eigene Sachen."

Sein erster Bass - ein weißes Quelle-Modell für 220 Mark - hat die sechziger Jahre nicht überlebt: "Er stand zum Schluss nur noch in der Ecke rum, war nicht mehr zu gebrauchen. Deshalb durfte ihn Manfred Kuhlen bei einem Beatfestival während unseres Auftritt zertrümmern, weil wir uns durch die Show bessere Siegeschancen erhofften."

Trümmer bei "You keep me hangin` on"


Der Titel, bei dem das Instrument in Trümmern endete, war "You keep me hanging on" in der Version von "Vanilla Fudge". Genützt hat die Anleihe bei den Who nicht: The Selection landete auf dem 2. Platz, hinter den alten Betzdorfer Rivalen, den "Bryanston Cool Gardens".

Beim letzten Konzert von Selection strahlte schon "Eternal Light"


Bevor Selection sich erstmals einem öffentlichen Publikum stellte, hatte Dieter Löhr bereits Beat-Bühnen-Praxis erworben - als Gastmusiker der Siegener Band "The Dukes", und zwar im Cafe´ Barbara.

"Ich war dort öfters Gast und hatte die Mitglieder der Gruppe kennengelern. Weil die Dukes zu ihren Auftritten in Daaden immer durch Herdorf kamen, nahmen sie mich häufiger mit." Als Löhr bei einer dieser Fahrten erzählte, er sei dabei, Saxofon zu lernen, horchten die Siegener Beatmusiker auf - Tage später holten ihn die Dukes für ein Lied ans Mikrofon: "Ich durfte das Solo bei ,Wooly Bully´ spielen."

Bekannt waren Selection im Westerwald und im Siegerland nicht nur für ihr Repertoire, dass immer den neuesten Entwicklung im Beat Rechnung trug, sondern auch für ihr Bühnen-Outfit: Die Jacken stammten aus Köln, hatten alle das gleiche Blümchen-Muster, aber unterschiedliche Farben.

Den letzten Auftritt, daran erinnert sich Löhr genau so gut, hatte Selection 1969 bei einer Fete am Betzdorfer Freiherr-vom-Stein-Gymnasium: "Als ich anschließend von der Bühne ging, sprach mich ein Konzertbesucher an: ,Du bist zwar ein lausiger Schlagzeuger, aber Dein Saxofon-Spiel ist echt gut. Ich bin dabei, in Siegen eine neue Band aufzubauen. Hast Du Lust mitzumachen? Und den blonden Gitarristen da oben hätte ich auch gerne." Der Mann, der den Kontakt gesucht hatte, war der Weidenauer Micky Pega. Löhr und Kitz hatten Lust auf etwas Neues, und damit war der Abgesang von "Selection" auch gleichzeitig die Geburtsstunde von "Eternal Light".

In dieser Gruppe spielten ab Herbst 1969 außerdem die Brüder Bernd und Hans-Jürgen Enders, die wie Micky Pega ebenfalls aus Weidenau stammten. Deren Weg zu "Eternal Light" zeichnen wir in der nächsten Folge nach. "Ihre" Beatgruppe in den Sixties hieß "Snepcuts", womit klar ist: Die Musiker kamen vom Schneppenkauten.