Ein Projekt von Wolfgang Thomas & Micky Pega

The Smash

"Wir hatten nichts anderes im Kopf"


"The Smash" wurde 1968 am Fürst-Johann-Moritz-Gymnasium von Wolfgang Paul Michael Kohnke, kurz und knapp "Gus" genannt, und Ulrich Vollmer gegründet. Ein Jahr darauf war die Formation zusammen, die am längsten hielt: Neben Kohnke (Gesang, Mundharmonika) und Vollmer (Schlagzeug) noch Ulrich "Clapton" Langenbach (Gitarre) und Rainer Perlitz (Bass).

Die ersten Gehversuche machte Uli Langenbach, wie so viele von den Beatles fasziniert, als 15-Jähriger in einer lockeren Formation namens "Anywhere". Gus Kohnke und Gerd Nüchtern gehörten dazu, gespielt wurde auf Wandergitarre und Waschmittel-Trommeln. Langenbach: "Ich werde nie vergessen, wie Gerd eines Tages mit seinem Großvater loszog, um im Musikhaus Loos ein Schlagzeug zu kaufen: Er kam mit einem Beatles-Bass zurück. Dem Opa war das Schlagzeug zu laut."

Gitarre "knarrte wie ein Elektroherd"


Langenbachs erste E-Gitarre war die berühmte "rote" vom Kaufhaus Quelle: "Die knarrte wie ein Elektroherd." Später spielte er eine weiße Stratocaster von 1963 - der Gitarrist der Moody Blues hatte sie nach einem Konzert im Moulin Rouge an dessen Besitzer verscherbelt. Langenbach, damals Schreinerlehrling: "Ich hatte gehört, dass dieses Instrument in Siegen geblieben war und wollte es unbedingt haben." Die 1500 Mark dafür hat er in vielen Raten abgestottert.

Die Geburtsstunde von Smash hatte da schon geschlagen. Im Musikraum des Fürst-Johann-Moritz-Gymnasiums stand ein kleines Schlagzeug, "samstags durften wir dort proben", weiß Ulli Vollmer. Das reichte natürlich nicht, um auftreten zu können: "Zuhause haben wir stundenlang Radio Luxemburg gehört und auf Omo-Eimern gehämmert. Geld hatte ich gerade mal, um mir Schlagzeugstöcke zu kaufen." Sein erstes Schlagzeug war ein gebrauchtes Exemplar der Firma Sonor, das er mit Ferienarbeit finanzierte.

Zu der Keimzelle von Smash stießen bald der Gitarrist Berthold Trapp und Rainer Perlitz. Nicht mehr die Stones oder die Beatles, sondern Jimi Hendrix und Taste mit Rory Gallagher waren die Helden, denen das Quartett nacheiferte. Vollmer, heute Diplom-Bibliothekar und Chef der Siegener Stadtbücherei: "Im Gegensatz zu den Bands, die drei oder vier Jahre früher angefangen haben, waren wir - auch von der Kleidung her - richtige Underdogs." Die weißen Nyltest-Hemden, die schnieken Anzugsjacken und die schmalen Lederkrawatten waren out, Smash standen im Alltags-Look auf der Bühne. Kohnke trug meistens eine Post-Uniformjacke, die er im Postshop erstanden hatte. So spielten sie den Blues von Ten Years After und Chicken Shack, "Red house" von Hendrix und "Sugar Mama" von Gallagher, "In-a-gadda-da-vida" von Iron Butterfly. Wenn Soul-Stücke auf dem Programm standen, wurde Smash durch die Saxofonisten Hartmut Becker und Erich Klöckner ergänzt. Geprobt wurde zunächst im Elternhaus von Rainer Perlitz: "Wir waren gnadenlos laut, und wir hatten nichts anders im Kopf als unsere Musik - man hat es auch an den Schulnoten bermerkt." Für Verpflegung war gesorgt: "Nach ein paar Stunden kam immer Rainers Oma mit einem Teller Schnittchen runter."

Auftritte wurde zu Happenings


Bei Smash-Auftritten ging es allerdings weniger familiär zu, sie wurden manchmal zu richtigen Happenings, von denen es eine ganze Reihe Anekdoten gibt. Zum Beispiel die von einem Auftritt in Schmallenberg, wo Gus Kohnke versuchte, auf der Bühne einen eigens dafür mitgebachten Fernseher zu zerdeppern. Ulli Langenbach: "Gus schlug immer wieder auf das Gerät ein, als plötzlich der Hausmeister kam und uns während des Konzerts anschrie: ,Aber Sie machen hinterher die Scherben weg!´ Wir haben uns gebogen vor Lachen." In Fredeburg zündete das Quartett, ebenfalls zum Entsetzen der Hallen-Verantwortlichen, ein kleines Feuerwerk, und zu einem Konzert an Ostern in Meggen schleppten die vier einen Sarg mit. Aus diesem stieg zu Konzertbeginn Sänger Kohnke, in einen schwarzen Mantel gehüllt und mit hoch erhobenem Kreuz, an das ein Osterhase genagelt war. Gus war auch dafür verantwortlich, dass die Smash-Konzerte äußerlich was hergaben. Ulli Vollmer: "Als Hendrix anfing, über riesige Verstärkertürme zu spielen, hat unser Sänger Blendboxen gebaut - nix drin, Hauptsache sie waren hoch und sahen gewaltig aus."

1978 wollte "Clapton" nur noch malen


The Smash hatten zu Beginn der siebziger Jahre viele Auftritte außerhalb der Region. Bestens in Erinnerung: Die Teilnahme bei einem Rockfestival der Dortmunder Aktien Brauerei, bei dem die Siegener immerhin den 2. Platz belegten. Die Folgezeit war durch Besetzungs- und Namenswechsel gekennzeichnet. 

Es gab - während Vollmers Studium - "Shasawan" mit dem ersten Schlagzeuger von Eternal Light, Micky Pega, die "Sons of Mortimer" (Langenbach, Kohnke, Vollmer und Jürgen Enders Hammond Orgel), und es gab "Te Deum": Bernd Enders (Orgel), Jürgen Enders (Gitarre), dazu Langenbach, Vollmer und Kohnke.



Shasawan
Oben stehend v.l.:  Rainer Perlitz, Bass, Ulrich Langenbach, Gitarre, Micky Pega, Drums,  unten stehend: Armin Ledwig, Sax.
Shasawan
Stehend v.l.: Ulrich Langenbach, Gitarre, Armin Ledwig, Sax, Micky Pega, Drums, Rainer Perlitz, Bass. Unten: Die Roadys von Shasawan. Robby, Porcky und Locky.


1975 entstand die Gruppe "Paan": Neben "Clapton" Langenbach und Vollmer war Peter "Schnüffi" Albert mit dabei, früher bei den Sullivans und den Moonshots: "Eines Tages standen die beiden vor der Tür und sagten: Wir brauchen noch einen Bassisten." Dazu kamen die Bläser Lothar Pfeiffer (Flügelhorn), Erich Klöckner (Saxofon) und Armin Ledwig (Saxofon, Querflöte). Kurze Zeit gehörte mit Reinhard Deppe ein weiterer Saxofonist dazu. Diese Formation spielte eines jener legendären Rock-Festivals auf der "Grube Ameise", wo sich im März 1975 rund 2300 Fans versammelten und Paan sowie den Gruppen Mushroom und exus (Thomas Adam, Wolfgang Theis, Günter Bonin, Bernd Merkelbach und Jörg Feldmann) zuhörten. 




Paan 1Paan 1Paan 2
v.l.: Armin Ledwig,  Sax, verdeckt Uli Vollmer, Drums,Rainhard Deppe, Saxv.l.: Ulrich Langenbach, Gitarre, Armin Ledwig,  Sax, verdeckt Uli Vollmer, Drums,Rainhard Deppe, Sax
v.l.: Hans Belz, Piano,Uli Vollmer, Drums, Peter Albert, Bass, Rudi Kasper Posaune, Jürgen Brandes, Tenor-Saxofon

Danach war erst einmal Pause bis 1980 - dann trat Ulli Vollmer mit "Paan II" an. Mit dabei: Peter Albert am Bass, der Pianist Hans Belz, Jürgen Brandes (Tenor-Saxofon) und Rudi Kasper (Posaune). Der Gitarrist Hans-Georg Naumann komplettierte diese Band wenig später.

Ulli Vollmer sitzt immer noch am Schlagzeug


Die Mitglieder von Smash beziehungsweise der Nachfolgegruppen aus den 70er Jahren gehen heute völlig unterschiedliche Wege: Ulli Langenbach stieg 1978 kurz und bündig aus der Musik aus und verkaufte seine weiße Fender: "Es war bei einem Urlaub in Marokko. Ich lag in der Sonne und beschloss, noch einmal etwas völlig anderes, etwas Neues zu machen." Drei Jahre verbrachte er vor allem im Atelier, bevor er sich mit ersten Werken an die Öffentlichkeit wagte. Mittlerweile ist er einer der aktivsten und überregional bekanntesten Siegener Künstler. Ulli Vollmer ist Diplom-Bibliothekar und leitet seit 1980 Siegens Stadtbücherei. Er ist der Musik treu geblieben, war lange Jahre einer der Motoren des Jazzclub "Oase" und spielt seit vielen Jahren in der Uni-Big-Band. Rainer Perlitz ist in der Plattenbranche gelandet und arbeitet nach einer Zwischenstation in München mittlerweile in Berlin. "Gus" Kohnke, der exzentrische Sänger, ist früh gestorben.

Den Enders-Brüdern begegnen wir in der nächsten Woche wieder: Sie waren in den sechziger Jahren Mitglieder der "Snepcuts" und spielten ab 1969 bei der ersten Formation von Eternal Light. In der nächsten Folge geht es aber zunächst um die Sixties-Gruppe, aus der die Dirty Blues Band entstand: "Stevie´s Sunflower Blues Inspiration".